Montagsgedanken des lieben Gottes

Was denkt der liebe Gott am Montagmorgen
Dort oben, hoch in seinem Himmelszelt?
Schaut er mit Freude oder voller Sorgen
Auf die von ihm geschaff’ne schöne Welt?

Ach, Freude kann der Schöpfer kaum empfinden.
Wenn er auf seiner schönen Erde sieht,
Wie Menschen andre Menschen sinnlos schinden,
Ein scharfer Schmerz sein Vaterherz durchzieht.

Er spricht zu sich: Sie müssen ja nicht beten
-Gut wär es zwar, sie täten’s dann und wann-
Doch Menschenwürde so mit Füßen treten,
Das ist unmenschlich, das kommt hart mich an!

Viel Schönheit kam auch der Natur abhanden,
Zerstört vom Menschen, meinem Ebenbild.
Der Mensch macht meine Schöpfung mir zuschanden!
Wär‘ ich nicht Gott und gütig, würd‘ ich wild!

Da denkt der liebe Gott dann wohl im Stillen:
Vielleicht war ich in einem doch zu kühn:
Ich gab den Menschen ihren freien Willen
Und hätt oft Lust, den ihnen zu entziehn,

Instinkte ihnen wie dem Tier zu geben.
Zwar tötet auch ein Tier und ohne Reu’n,
Doch tut es das, um selbst zu überleben,
Nicht um zu quälen –und sich dran zu freu’n!

Tief seufzt der müde Gott, er gibt dem bösen
Treiben auf Erden nicht mehr lange Zeit.
Kein Gott kann von dem Bösen den erlösen,
Der sich nicht selbst zu lösen ist bereit.