Ach Walther

Hab’ stetig meinen Horizont erweitert.
Längst blick ich über viele Tellerränder.
Mein Wissen hab vertieft ich und verbreitert.
Las viel, studierte, fuhr in ferne Länder
Und fremde Kontinente, konnte sehen,
Dass anderswo die Uhren anders gehen.

Ich hab mich der Moderne nicht verschlossen,
Bin technisch auf der Höh im Hier und Jetzt
Gehe mit meiner Zeit und unverdrossen
Denke global ich, handele vernetzt.
Sitze auf Stühlen mehr als auf dem Steine,
Doch deine Frage, Walther, bleibt auch meine:

Wie soll in dieser Welt man richtig leben?
Ach, eine Antwort kann auch ich nicht geben!

Wie die Alb-Linse gerettet wurde

Alb-Träume sind im Regelfalle
bei ihren Träumern nicht beliebt.
Jedoch trifft das nicht zu für alle,
weil es da nämlich einen gibt,
in dessen Kopf griff einstmals Raum
ein leuchtender Alb-Linsen-Traum.

Er träumt ihn nicht, wenn nachts er schlief.
Er träumt ihn wach und sehr aktiv.
Er liest, er forscht, er recherchiert. –
Bis seine Frau es ausprobiert.
Nach ihrer Probesaat im Garten
kann schließlich der Feldanbau starten.

In Petersburg, an fernem Orte,
entdeckt er noch die alte Sorte.
Und kaum dass er sie aufgespürt,
wird sie zur Alb zurückgeführt,
wo sie seitdem sich gut bewährt,
Ertrag und auch Gewinn beschert.

Herr Mammel tat den ersten Schritt.
Inzwischen ziehen andere mit.
Und alle rufen fröhlich:“Heißa!
Hoch lebe unsere Alb- Leisa!“

Der Agrecoller nimmt es wahr:
Innovation, wie hier geschah,
kommt nicht von Schwarm- Intelligenzen.
(Die stoßen dann doch schnell an Grenzen.)
Es kommt dabei – sei’s Frau, sei’s Mann-
noch stets auf Einzel-Menschen an!

Agrecol-Frühjahrstreffen 2014

„Weinbau an der Mittelmosel –

Bewirtschaftung von Steillagen

Es hat der Mensch mit Moselwein
nicht alles, aber viel gemein.
Jung wächst der Rebstock, wie er mag.
Da bringt er noch nicht viel Ertrag.
Doch durch erziehen und beschneiden,
durch dieses tun und jenes meiden,
durch allzu großen Wildwuchs stutzen
wächst er heran zu gutem Nutzen.
Wobei die aller steilsten Lagen
die allerbesten Trauben tragen!
Des Winzers Können, Fleiß und Pein
macht daraus einen Spitzenwein.

Per aspera ad astra streben,
das gilt auch für das Menschenleben.
Besonders für den Agrecoller,
der unentwegt und immer voller
Enthusiasmus, Mut und Glauben,
– nicht abgeschreckt von sauren Trauben –
die Weinberge der weiten Welt
auf je verschiedene Art bestellt
und es so sehr genossen hat,
dass hier und jetzt an seiner Statt
sich andere die Mühe machten
und ihm als Gast die Früchte lachten:
Der Mosel wunderbaren Wein
schenkt’ man in reichem Maß ihm ein.

Er scheidet dankbar von dem Ort,
trägt ein paar Flaschen mit sich fort,
auf dass nicht einzig hier und heut
der Moselwein sein Herz erfreut.
Ingeborg Neunhäuser

Der neue Agre-Koller

Es greift der neue Agrecoller
gar machtvoll über auf die Stadt.
Die scheint an Reizen ihm viel voller,
als was das Land zu bieten hat.
Die Stadt ist ja das neue Feld
für jeden, der was auf sich hält.

Agrikultur ist in den Städten
noch übersichtlich fein und klein,
wie wir’s auch anderswo gern hätten,
doch anderswo kann’s nicht so sein.
Denn draußen wütet der Kommerz,
hier in der Stadt regiert das Herz!

Dem Städter geht es nicht um Pfründen,
ihn treibt die Liebe zur Natur.
Ein eigen Reich will er begründen,
wo’s wächst, grünt, blüht, gesund und pur.
Kein Pflänzlein wird dort malträtiert
noch je ein Gen manipuliert.

Stell dir doch vor, du machst nen Garten
und alle, alle kommen hin.
Können zu helfen kaum erwarten
und packen zu voll Bürgersinn.
Ein Garten Eden wäre dies,
ein wahres Erden-Paradies!

Ingeborg Neunhäuser

Agrecol-Frühjahrstreffen 2005

Nachlese zum Agrecol-Treffen am Chiemsee vom 5. – 8.Mai 2005

Das Wetter ruiniert die Schau.
Der Chiemsee lag im Regen.
Fast musste durch den Chi-em-gau
Man schwimmend sich bewegen.

Doch so ein echter Trans-Migrant
Mit Schirm, Charme, Cape und Mütze
Hüpft leichten Fußes, elegant
Noch durch die tiefste Pfütze.

Sein Vorbild ist das Wanderschaf.
Das Tier kennt ja kein Frieren!
Trotz Wind und Regen tut es brav
Parieren und marschieren!

Doch wenn’s um seine Nahrung geht,
Ist so ein Agrecoller
Schon in der Früh und auch noch spät
Bedeutend anspruchsvoller.

Kaffee, Kaffee muss auf den Tisch,
Kaffee in großen Massen!
Da wird man morgens doch nicht frisch
Von den paar kleinen Tassen.

Das Essen? Biologisch gut!
Chemie? Du liebe Güte.
Da hat der Wirt nichts mit am Hut,
Das kommt nicht in die Tüte.

Was hier wird auf den Tisch gebracht,
Frommt Eltern und auch Kindern
Es ist gesund, weil selbst gemacht.
Die Wurst von eig’nen Rindern!

Frau Wirtin, das soll Rindswurst sein?
Ich möchte doch sehr bitten!
Diese Salami ist vom Schwein,
Die Sie hier aufgeschnitten!

Der Agrecoller ist als Gast
-Und kommt er gar mit Blagen-
Nicht immer eine leichte Last.
Doch muss man ihn ertragen.

Das Schöne an ihm ist: er geht.
Wir werden an ihn denken,
Wenn er dann vor der Türe steht,
Zum Abschied Fahnen schwenken!

Längs der Felder im April

Längs der Felder im April

Noch nimmt der Mais mir nicht die Sicht.
Er ist kaum erst gesät!
Der Bäume Kronen leicht und licht,
Ein Haus von Frühling weht.

Wind trägt heran den strengen Duft
Von Raps, der hellgelb blüht.
Darein gemischt durch laue Luft
Geruch von Gülle zieht.

Die Wintersaat hat sich bewegt,
Frisch grün wie Gras sie steht.
Und Saatkartoffeln sind gelegt
Unter dem Hügelbeet.

Das reduzierte Meerschwein

Es schrieb ein Legastheniker
das Meerschweinchen einst ohne „r“.
Ein Fehler, dumm und folgenschwer.
Denn als das Meeschwein wurd’ gewahr,
dass ihm sein „r“ genommen war,
da ärgerte das Tier sich sehr.
Weshalb es kurzerhand
verschwand.
Und jene Stelle, wo es stand,
die fand
der Legastheniker
–leer!

Wohin es sich verzogen hat?
Das steht auf einem andren Blatt!

Junge Zweitfrau

Mit den Jahren kriegt die Süße
um die Augen Krähenfüße.
Aus der Süßen wird ne Herbe,
die sich wünscht, dass er bald sterbe,
wenn sie noch was hat vom Erbe!

Nacktschnecken – philosophisch betrachtet

Was kann man als Mensch von Wesen erwarten,
die nackt sind und schleimig und zahlreich im Garten?
Die sind, ist doch klar, nur auf eines versessen:
Auf fressen, auf fressen und nochmal auf fressen!
Sie kriechen im Gras, sie kriechen auf Beeten.
Du kannst sie ertränken, erdolchen, zertreten.
Das Dumme ist bloß:
Du wirst sie nicht los!
Dort einfaches Sein, hier höheres Streben.
Das eine kann’s ohne das andre nicht geben.

So weist in den Schnecken uns Mutter Natur
des schleimigen Ursprungs beständige Spur.

Wolken

Wie sie mich jedesmal überraschen!
Drang, sie zu jagen, Lust sie zu haschen,
Sehnsucht, wie sie durch den Himmel zu fliegen.
Was sie wohl wiegen?

Keine Materie, Luft, Wasser, Dunst.
Ungemein kunstvoll -ganz ohne Kunst.
Weiß filigran in die Bläue getupft,
fedrig und farnig- Watte gezupft.

Nachbildend Tiere und Menschengestalt
Grau, schwarz, bedrohlich, Masse, geballt.
Blitz, Donner, Regen,
Unheil und Segen.

Wandern am Himmel durch wessen Wille?
Offene Frage. Die Antwort ist – Stille!